Psychische Hilfe für Helfer

Um nach belastenden Einsätzen Stress zu bewältigen (SBE), wird bei der Feuerwehr in jüngster Zeit einiges unternommen. Eine wichtige Aufgabe übernehmen da die so genannten »Peers«.
Peer heißt grob übersetzt »einer von uns«.
Wenn sich ein Feuerwehrmann an einen Peer wendet, ist dieser also auch von der Feuerwehr und kennt die Einsatzstrategien und Fachwörter, von denen die Rede ist. Das ist bei vertraulichen Gesprächen oft sehr wichtig sich mit jemandem vom „Fach“ zu unterhalten.
Peers können auch Lehrgänge leiten, um die Feuerwehrleute darauf vorzubereiten, was bei einem belastenden Einsatz auf sie zukommen kann.
Wenn jemand nach einem belastenden Einsatz »psychische« Hilfe braucht, können einzeln oder in Gruppen Nachbesprechungen, so genannte »Defusings« gemacht werden. Bei größeren Einsatzlagen werden bei Bedarf, zusammen mit einer psychologischen Fachkraft »Debriefings«, das sind Nachbesprechungen die sich über mehrere Sitzungen erstrecken, gemacht. Bei den Nachbesprechungen können auch beteiligte Kriseninterventionsmitarbeiter (KIT) einbezogen werden, sofern das von den Beteiligten gewünscht wird.
Defusings und Debriefings sind nicht rein feuerwehrspezifische Verfahren und werden mittlerweile auch von anderen Hilfsorganisationen durchgeführt.

Bei der Verarbeitung belastender Einsätze sollte es in Zukunft selbstverständlich sein, sich um die Psychische (Geistige) Gesundheit der Einsatzkräfte genau so intensiv zu kümmern, wie um die Physische (Körperliche) Gesundheit. Manchmal reicht es einfach nicht aus, nur ein Pflaster auf eine Schnittwunde zu kleben, auch die Seele einer Einsatzkraft kann Schaden nehmen und da hilft das Pflaster bei weitem nicht mehr, um den Schaden zu reparieren.

Wenn SBE kein Schweigethema mehr ist, wird es mehr Leute (PEER) geben, die mitmachen. Wichtig ist auf jeden Fall, dass die Feuerwehren und vor allem die Führungskräfte sich mit dem Thema auseinander setzten und sich bei Bedarf, rechtzeitig kompetente Hilfe holen.

Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

Normale Reaktion auf ein unnormales Erlebnis
Traumatische Erlebnisse sind Ereignisse, die außerhalb der normalen Erlebenswelt der meisten Menschen liegen. Dazu gehören Unfälle und Gewalterfahrungen (Überfall, Vergewaltigung, Misshandlung etc. oder deren Versuch), aber auch Entführung, Naturkatastrophen oder Kriegsteilnahme. Diese Erfahrungen sind so ungewöhnlich und belastend, dass die meisten Menschen damit überfordert sind, solche Erlebnisse richtig zu verarbeiten. Dabei spielt es keine Rolle, ob man selbst Betroffener, oder „nur“ Zeuge des traumatischen Ereignisses, z. B. eines Flugzeugabsturzes war, oder aber als Helfer an den Ort des Geschehens gerufen wurde.
Nach einer traumatischen Erfahrung ist es ganz natürlich, dass körperliche und psychische Funktionen aus dem Ruder laufen. Fast alle Menschen, die ein traumatisches Ereignis erlebt haben zeigen eine starke akute Belastungsreaktion und ca. ein Viertel entwickelt eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Das heißt: starke psychische und auch körperliche Reaktionen auf ein Trauma sind die „normale“, da häufig auftretende Reaktion auf außergewöhnliche Erlebnisse. Dabei kann es in seltenen Fällen auch vorkommen, dass die Beschwerden dem belastenden Ereignis erst nach Wochen oder Monaten folgen.
Typische Beschwerden:
Was auch immer die Störung ausgelöst hat, viele Menschen mit PTBS berichten über ähnliche, ganz typische Beschwerden. Dies können körperliche Symptome sein wie z. B. Schmerzen in verschiedenen Bereichen, Magen-/Darmprobleme, Schlafstörungen, Appetitstörungen, Herzrasen, Schwitzen, Schreckhaftigkeit, sowie erhöhte Krankheitsanfälligkeit.
Im Vordergrund stehen jedoch meist emotionale Reaktionen z. B. ständiges Wiedererleben des Traumas in Form von Alpträumen oder quälenden aufdringlichen Erinnerungen während des Tages, oder aber die Betroffenen fühlen sich "emotional taub" und losgelöst, besonders im Kontakt mit Personen, denen sie vor dem Ereignis nahe standen. Auch depressive Stimmung, Zweifel, Ängstlichkeit, Hilflosigkeit, häufige Stimmungsschwankungen und Verleugnung sind typische Symptome der PTBS. Viele Betroffene verlieren das Interesse an Dingen und Aktivitäten, die ihnen früher Freude machten und isolieren sich von ihrer Umwelt. Sie sind ständig "auf der Hut", haben ein erhöhtes Bedürfnis die Umwelt oder Andere zu kontrollieren, sind unruhig und übervorsichtig, gleichzeitig auch leicht reizbar, aggressiver als früher oder sogar gewalttätig. Es können Konzentrations- und Entscheidungsschwierigkeiten auftreten, genauso wie plötzliches Weinen und Gefühle der Verdorbenheit, des Ruiniert sein, der Erniedrigung und der Schuld.
Dingen oder Situation zu begegnen, die an das Erlebnis erinnern, kann sehr belastend für die Betroffenen werden, was häufig dazu führt, dass bestimmte Orte und Situationen vermieden werden. Auch der Jahrestag des Ereignisses bringt oft schon weit vor dem Tag starke Ängste und andere negative Gefühle mit sich.
Bei jeder Person wirkt sich traumatische Erfahrung jedoch etwas anders aus, so dass nicht immer alle genannten Symptome vorhanden sein müssen, wenn jemand an PTBS erkrankt ist.
Körper und Geist brauchen nach dem traumatischen Erlebnis vor allem Zeit und die Unterstützung aus dem persönlichen Umfeld, um die schrecklichen Erfahrungen zu verarbeiten. In ungefähr 50% der Fälle gelingt dies von selbst, also ohne professionelle Unterstützung.
Bleiben jedoch noch mehrere Monate nach dem Trauma verschiedene Symptome der akuten Belastungsreaktion bestehen oder kommen neue Symptome hinzu, hat sich aller Wahrscheinlichkeit nach eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickelt.
An PTBS zu leiden ist kein Zeichen von Schwäche oder ‚Geisteskrankheit‘. Es ist die normale Reaktion auf ein außergewöhnliches Erlebnis. Genauso wie ein gesunder Knochen unter einer sehr schweren Last bricht, kann ein vorher gesunder Mensch in Folge traumatischer Erlebnisse PTBS entwickeln. Die PTBS betrifft in der Regel alle Lebensbereiche (Beruf, Freizeit, Sozialkontakte, Zukunftsplanung) und kann den Betroffenen derart einschränken, dass sich neben dem Verlust der Arbeitsfähigkeit und der Sozialkontakte, Depressionen, Ängste und Alkohol- oder Tabletten-missbrauch entwickeln können. Der Verlauf der Krankheit variiert stark. Unbehandelt nimmt die Störung jedoch oft über viele Jahre einen chronischen Verlauf.
Es gibt Auswege.
So schlimm die Konsequenzen traumatischer Erlebnisse oft sind, lassen sich solche Störungen heute mit Mitteln der modernen Psychotherapie gut behandeln. Mit erfahrenen und qualifizierten Spezialisten können heute auch schwere und lang andauernde Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) mit sehr gutem Erfolg behandelt werden. Denn um eine PTBS erfolgreich zu behandeln, ist es sehr wichtig, die speziellen Erscheinungsformen und Hintergründe der Störung bei jedem einzelnen Patienten genau zu kennen, zu verstehen, wie die Störung entstanden ist und wodurch sie aufrechterhalten wird. Wenn die Therapie intensiv und alltagsnah durchgeführt wird, kann die Behandlung sogar auf wenige Wochen konzentriert werden, so dass lang andauernde Klinikaufenthalte vermieden werden können.

MERKMALE DER POSTTRAUMATISCHEN BELASTUNGSSTÖRUNG
Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) kann alle Bereiche des Erlebens und Verhaltens des Betroffenen beeinträchtigen. Gedanken und Gefühle können eine große Zeit des Tages nur um das Ereignis und häufig auch um Fragen der eigenen Schuld kreisen. Gefühle wie Wut, Trauer, Hilflosigkeit, aber auch emotionale Taubheit können im Vordergrund stehen. Außerdem treten häufig körperliche Symptome auf und die Anfälligkeit für körperliche Krankheiten steigt.
Dabei kann die Art der PTBS-Symptome und das Ausmaß, in dem der Einzelne unter den Symptomen leidet, von Person zu Person sehr unterschiedlich sein.
Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Merkmale bzw. Symptome der PTBS.
 
Belastende Erinnerungen / Störungen des Gedächtnisses
Bei Menschen mit PTBS tauchen Erinnerungen an das Trauma oft unerwartet auf. Dies kann in Form von kurzen Erinnerungsbruchstücken bis hin zum Erinnern des gesamten Ereignisses geschehen. Dabei kann die Erinnerung so "echt" wirken, dass sie das Gefühl haben, sich nicht ‚nur' schmerzhaft an das Ereignis zu erinnern, sondern das Ereignis jetzt in diesem Moment wiederzuerleben. Es kann sein, dass sie die gleichen Gedanken und Gefühle wie während des Traumas haben und die gleichen Körperempfindungen (z. B. Schmerz, Hitze) und Sinneseindrücke erleben. Das Wiedererleben löst oft eine Vielzahl unangenehmer Gefühle und auch körperliche Reaktionen wie z. B. Schwitzen, Zittern, Herzrasen, Übelkeit, Atembeschwerden oder Magen-/ Darmbeschwerden aus.
Besonders belastend sind die sogenannten 'Erinnerungsattacken' oder auch "Flashbacks", die durch besondere Plötzlichkeit und Lebendigkeit gekennzeichnet sind.
Auch im Schlaf lässt die Erinnerung die Betroffenen nicht los; so werden häufig Alpträume und damit einhergehende Schlafstörungen berichtet. Nicht zuletzt sind es bestimmte Auslöser, die mit dem Trauma in Zusammenhang stehen und die die aufdringlichen Erinnerungen wieder und wieder hervorrufen. Dies können z. B. bestimmte Gegenstände, Geräusche, Gerüche oder Lichtverhältnisse sein, die zufällig zur Zeit des Ereignisses präsent waren oder aber bestimmte Merkmale, die direkt mit dem Trauma in Verbindung stehen (z. B. die Marke des entgegenkommenden Autos oder die Art des Bartwuchses des Täters). Auch der Jahrestag des Ereignisses oder Berichte in den Medien über ähnliche Ereignisse können die PTBS-Symptomatik verschlimmern.
Paradoxerweise ist es, obwohl es immer wieder zu ungewollten Erinnerungen kommt, für den Betroffenen häufig schwierig, das Ereignis in all seinen Einzelheiten bewusst zu erinnern und wiederzugeben.
Welche traumatischen Erlebnisse können zur Entwicklung einer Posttraumatischen Belastungsstörung führen?
Die verschiedensten Ereignisse können traumatisch wirken, das heißt, die menschlichen Regulations- und Kompensationsmöglichkeiten werden überfordert. Dies können menschlich verursachte Traumen sein. Hier sind insbesondere folgende bedeutsam:

 

  • Sexuelle und körperliche Misshandlung in der Kindheit

  • Kriminelle und familiäre Gewalt

  • Vergewaltigung oder deren Versuch

  • Kriegserlebnisse

  • Zivile Gewalterlebnisse, die länger andauern z. B. Geiselnahme, Folter oder politische Inhaftierung

  • Massenvernichtung


Außerdem können Katastrophen und (berufsbedingte) Unfälle zu PTBS führen, z. B.:
 

  • Naturkatastrophen

  • Technische Katastrophen z. B. Feuer

  • Berufsbedingte Katastrophen bzw. Einsätze (Militär, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste undandere Helfer)

  • Berufsbedingte Unfälle z. B. Suizidhandlungen oder Unfälle als Lokführer oder Zugbegleiter

  • Arbeitsunfälle

  • Verkehrsunfälle

Dabei kann es vorkommen, dass erst das wiederholte Erleben belastender Ereignisse (z. B. der dritte Rettungseinsatz mit Toten als Sanitäter oder der zweite Missbrauchsversuch) eine posttraumatische Belastungsstörung hervorruft.
Gefühlstaubheit, negative Gefühle (Schuld, Scham, Ärger etc.)
Oft vermeidet der Betroffene enge emotionale Bindungen mit der Familie oder Freunden. Aber auch der alltägliche Ausdruck von Empfindungen in weniger engen Bindungen z. B. auf der Arbeit unter Kollegen ist häufig nicht mehr möglich. Der von PTBS Betroffene fühlt sich dabei taub und empfindungslos. Nicht selten sind außerdem Gefühle der Entfremdung, bei denen der Betroffene eine unüberwindbare Kluft zwischen sich und anderen, auch geliebten Personen empfindet. Es kann dem Betroffenen so vorkommen, dass diese Menschen nicht verstehen können, was er durchgemacht hat, weil sie es nicht selbst erlebt haben. Nur zu Personen, die Ähnliches durchgemacht haben, kann in Extremfällen ein Gefühl der Nähe verspürt werden.
Weitere typische Reaktionen auf ein traumatisches Ereignis sind Gefühle der Traurigkeit, Niedergeschlagenheit oder sogar Depression. Es kann sich Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung darüber einstellen, dass man mit dem Erlebnis nicht abschließen kann bzw. mit seinem Leben nicht mehr zurecht kommt.
Außerdem denken PTBS- Patienten immer wieder darüber nach was passiert ist und wie sie den Verlauf der Ereignisse hätten beeinflussen können. Einige machen sich Vorwürfe, dass sie bestimmte Dinge getan oder gerade nicht getan haben. Gedanken wie "Wenn ich dies nur nicht gemacht hätte...", "... dann wäre alles ganz anders gekommen" oder "Wenn ich nur dies oder jenes getan hätte...", führen zu Schuld- und Schamgefühlen.
Auch Ärger und Wut sind häufige und nachvollziehbare Reaktionen auf ein traumatisches Erlebnis. Dieser Ärger kann sich auf die Person beziehen, die für das traumatische Erlebnis verantwortlich ist, oder auf Personen, von denen man sich nach dem Trauma nicht richtig behandelt gefühlt hat. Genauso kann Ärger ungerichtet auftauchen, wenn man denkt, dass es unfair ist, dass es gerade mich getroffen hat, oder dass andere eventuell besser weggekommen sind. Außerdem tritt oft Ärger auf, wenn man durch bestimmte Personen oder Situationen an das Trauma erinnert wird, auch wenn diese nichts damit zu tun haben.
Opfer traumatischer Erfahrung können also hin- und hergerissen sein zwischen der Unfähigkeit, Emotionen überhaupt wahrzunehmen oder auszudrücken und einer Flut von Gefühlen, die besonders während des Wiedererlebens auf sie hereinbricht. Verständlich sind deshalb Versuche, die unangenehmen Gefühle und Gedanken bezüglich des Traumas zu vermeiden. Diese Versuche sind jedoch längerfristig meist erfolglos.
 

 


Vermeidung / Aufgabe von Aktivitäten
Neben dem Versuch belastende Gefühle zu vermeiden, werden aus Furcht vor Verstärkung der PTBS-Symptome häufig eine Vielzahl von Aktivitäten vermieden. Die Betroffenen vermeiden Aktivitäten oder das Aufsuchen von Situationen, die in irgendeinem Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis stehen oder in irgend einer Art daran erinnern. Aber auch die häufig auftretende Gefühlstaubheit und die niedergeschlagene Stimmung führt bei PTBS-Betroffenen oft zur Aufgabe von Sozialkontakten und Aktivitäten, die früher bedeutsam waren. Nichts macht mehr Spaß; nichts scheint mehr einen Sinn zu haben.
So kann es schnell zu einer starken Einschränkung des gesamten Aktivitätsspielraums kommen. Der Betroffene hat das Gefühl, das Trauma hat die beste Zeit seines Lebens zerstört.
Dies und die erfolglosen Versuche, Gefühle wie z. B. Unfähigkeit, Trauer, Wut und Schuld bezüglich des Traumas zu verarbeiten, fördern wiederum depressive Gefühle und Niedergeschlagenheit.
 
Übererregung, Konzentrationsschwierigkeiten
PTBS kann dazu führen, dass der Betroffene so handelt und reagiert als sei er noch immer und ständig von einer Gefahr bedroht. Dies führt zu plötzlicher Reizbarkeit und starker Empfindlichkeit. Der Betroffene wird jähzornig und aufbrausend ohne provoziert worden zu sein. Häufig sind es besonders die Angehörigen, denen auffällt, dass die Personen plötzlich "leicht auf 180" ist, obwohl das früher nur selten vorgekommen ist. Hinzu kann ein starkes Gefühl von "nicht mehr Vertrauen können" kommen. Betroffene berichten, dass sie ständig wachsam und auf der Hut sind, da sie ein konstantes aber unspezifisches Gefühl der Gefährdung verspüren.
Außerdem sind Schwierigkeiten mit der Konzentration häufig, die auch die Erledigung alltäglicher Aufgaben beeinträchtigen können. Der Betroffene hat Schwierigkeiten sich darauf zu konzentrieren und daran zu erinnern, was in seinem Umfeld passiert. Dies führt manchmal zu dem Gefühl, sich selbst nicht mehr im Griff zu haben oder verrückt zu werden.
 
Negative Gedanken (über sich selbst, die Welt und die Zukunft)
Das Erlebnis einer traumatischen Erfahrung kann zu starken Veränderungen im Bild von sich selbst, von anderen und von der eigenen Zukunft führen. So können das Trauma, die darauf folgenden Gefühle, sowie die Entwicklung einer PTBS an sich zu Selbstkritik und Selbstzweifel führen. Dazu passende Gedanken könnten z. B. sein: "Mir passieren schlimme Dinge, weil ich ein schlechter Mensch bin", "Wenn ich nicht so dumm gewesen wäre, wäre das nicht passiert" oder "Ich hätte schon längst mit dem Erlebnis fertig werden müssen". Viele Betroffene berichten, dass sie das Trauma als Person völlig verändert hat. Sind sie früher selbstbewusst und erfolgreich gewesen, so haben sie jetzt vor jeder Kleinigkeit Angst und können nicht die einfachsten Schwierigkeiten bewältigen. Leider tragen manchmal auch andere Menschen wie Freunde oder Verwandte zu Selbstvorwürfen bei, wenn sie fälschlicherweise den Opfern von Gewalt statt den Tätern die Schuld geben. Außerdem können Angehörige oft die normalen Reaktionen auf traumatische Erlebnisse nicht verstehen und sagen deshalb, der Betroffene müsse nun darüber hinwegkommen, solle den Vorfall vergessen oder sich zusammenreißen.
Nicht nur das Bild über sich selbst, sondern auch das Bild über die Welt und andere Menschen kann sich in Folge eines Traumas stark verändern. Die Welt, die vorher sicher erschien, wird von den Betroffenen plötzlich als sehr gefährlich wahrgenommen. Das Vertrauen in andere Menschen sinkt.
Auch die Zukunft wird von Menschen nach traumatischen Erlebnissen häufig schwarz gesehen. Die Umsetzung von Zukunftsplänen erscheint plötzlich unmöglich. Ist die PTBS besonders stark, so gibt der Betroffene sich und seine Zukunft völlig auf.
Missbrauch von Alkohol, Tabletten und anderen Suchtmitteln
Als letzte Möglichkeit zumindest zeitweise Abstand zu gewinnen vom schmerzlichen Wiedererleben, negativen Gefühlen und Ängsten werden häufig Medikamente und Alkohol eingesetzt. Eine verständliche Reaktion, denn so kann der Schmerz abgeschwächt und das Trauma kurzfristig vergessen werden. Langfristig jedoch verhindern gerade Beruhigungsmittel, aber auch Alkohol, eine wirksame Lösung des Problems. Schlimmer noch: die Entwicklung von Alkohol- oder Tablettenmissbrauch bzw. Sucht ist bei traumatisierten Personen keine Seltenheit.

Somatische Probleme
Statistische Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen mit PTBS ein erhöhtes Risiko haben körperlich krank zu werden. Arztbesuche sind deshalb bei PTBS-Betroffenen häufiger als bei der Allgemeinbevölkerung.
 
PTBS bei Kindern?
PTBS kann in jedem Alter, einschließlich der Kindheit auftreten. Neben den für Jugendliche und Erwachsene typischen Symptomen können Kinder Lernschwierigkeiten, sowie Probleme mit der Aufmerksamkeit und dem Gedächtnis bekommen. Sie können ungewöhnlich anhänglich, unsicher und ängstlich werden. Es kann zu regressivem Verhalten z. B. Einnässen oder Daumenlutschen und zu Selbst- und Fremdschädigung kommen.
 
Risikogruppen
Ein besonderes Risiko PTBS zu entwickeln haben Personen, die z. B. aufgrund ihres Berufs eine erhöhte Wahrscheinlichkeit haben traumatisiert zu werden. Dazu gehören z. B. Notfall- und Katastrophenhelfer, Polizisten und Soldaten. Aber auch z.B. Lok- und Straßenbahnführer gehören wegen häufig auftretender Unfälle mit Personenschäden (z. B. Selbstmordversuche) zu einer Risikogruppe. In diesem Zusammenhang muss auch an Personen gedacht werden, die in potentiell unfallträchtigen Berufszweigen tätig sind und durch eigene Verunfallung eine PTBS erleiden können.
Auch wer bereits einmal ein traumatisches Erlebnis hatte, trägt bei erneuter Traumatisierung ein deutlich erhöhtes Risiko.

DIE DIAGNOSE DER POSTTRAUMATISCHEN BELASTUNGSSTÖRUNG
Die Weltgesundheitsorganisation WHO und die führenden psychiatrischen Vereinigungen der USA und der europäischen Länder haben sehr genaue Klassifikationssysteme entwickelt, um die Erkennung psychischer Krankheiten präzise und zuverlässig zu machen. Für die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) liegen seit ca. 20 Jahren zuverlässige Kriterien vor. Diese Anleitungen wurden in den letzten Jahren zunehmend verfeinert und verbessert, so dass heute die PTBS anhand klinischer Merkmale gut erkannt und die Diagnose sicher und zuverlässig gestellt werden kann.
Damit die Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung festgestellt werden kann, sollten bei einer Person die folgenden Merkmale vorhanden sein:
1. Traumatisches Erlebnis: es wurde ein traumatisches Ereignis erlebt oder beobachtet. Dieses Ereignis ging mit Gefahr, Verletzung oder sogar dem drohenden Tod der eigenen oder einer anderen Person einher. Auch die reale oder angenommene Bedrohung der psychischen Gesundheit kann zum Trauma werden.

2. Wiedererleben: das traumatische Erlebnis wird ungewollt wiedererlebt oder wiedererinnert.

3. Vermeidung und/oder emotionale Taubheit: Situationen und Merkmale, die mit dem Trauma in irgendeiner Art und Weise verbunden sind, werden vermieden. Und/oder Emotionen können nicht mehr wie gewohnt empfunden werden. Eine Art emotionale Taubheit wird erlebt.

4. Erhöhte Erregung/Reizbarkeit: der Betroffene ist unruhiger, leichter erregbar oder reizbarer als vor dem traumatischen Erlebnis.

5. Beginn und Dauer der Symptome: die Symptome dauern länger als einen Monat nach dem Ereignis an. Bis zu drei Monate nach dem Erlebnis spricht man von einer akuten PTBS, darüber hinaus ist eine chronische PTBS zu diagnostizieren. In besonderen Einzelfällen kann es zu einem verspäteten Beginn kommen. Das Ereignis liegt dann 6 Monate oder länger zurück.


HÄUFIGKEIT,VERLAUF UND FOLGEN VON POSTTRAUMATISCHEN BELASTUNGSSÖRUNGEN

Häufigkeit
Groß angelegte Befragungen in den USA zeigten, dass die Wahrscheinlichkeit einmal in seinem Leben ein traumatisches Erlebnis zu haben in der Allgemeinbevölkerung bei fast 40% liegt. Für Deutschland geht man, obwohl striktere Waffengesetze vorhanden sind und seltener Naturkatastrophen wie z. B. Hurricans passieren, nur von unwesentlich geringeren Zahlen aus. Weiter zeigten die Studien, dass fast alle Betroffenen starke akute Belastungsreaktionen zeigen und ca. ein Viertel eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln. Das heißt: starke psychische und auch körperliche Reaktionen auf ein Trauma sind die "normale", da häufig auftretende Reaktion auf unnormale Erlebnisse.
In Risikogruppen wie z. B. Soldaten im Kriegseinsatz, Zivilpersonen im Kriegsgebiet, Katastrophen- und Unfallhelfern u. Ä. erlebt nach Schätzungen ungefähr jeder Dritte irgendwann einmal eine PTBS.
Wird man in seinem beruflichen Umfeld oder auch als Privatperson mehrfach mit traumatisierenden Erlebnissen konfrontiert, so steigt die Wahrscheinlichkeit eine PTBS zu entwickeln, von Mal zu Mal dramatisch an.
Verlauf
In den meisten Fällen treten die Symptome der PTBS sofort bis wenige Tage nach dem traumatischen Ereignis auf. Ein verzögerter Beginn findet sich bei höchstens jedem 10. Erkrankten.
Innerhalb eines Jahres kommt es bei ca. 50% der Erkrankten zu einer sogenannten Spontanremission, d. h. die Symptome bilden sich langsam zurück, ohne dass professionelle Hilfe aufgesucht wurde.
Leider kommt es bei den verbleibenden 50% häufig zur Chronifizierung, wenn keine Behandlung begonnen wird.
 
Folgen
Ein chronifizierter Verlauf bedeutet, dass die Symptomatik zum täglichen Begleiter des Betroffenen wird, was diesen oftmals so stark beeinträchtigt, dass er seiner Arbeit nicht mehr nachgehen kann und sich auch im privaten Bereich zurückzieht. Hinzukommende Depressionen, Ängste, Missbrauch von Suchtmitteln und körperliche Probleme können so belastend werden, dass der Betroffene an Selbstmord als letzten Ausweg denkt. Auch bei weniger drastisch ausgeprägter Symptomatik kann es häufig zu Arbeitsunfähigkeit, Rückzug aus dem Freundes- und Bekanntenkreis, Aufgabe von Aktivitäten und dem Verlust von Zukunftsperspektiven kommen.


URSACHEN DER POSTTRAUMATISCHEN BELASTUNGSSTÖRUNG
Die Symptome, die ein Patient mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) erlebt, sind die normale Reaktion auf eine abnormale Situation, nämlich das traumatische Erlebnis. Um erklären zu können, warum die Symptome bei vielen Betroffenen nicht von alleine wieder verschwinden, spielen folgende Punkte eine wichtige Rolle:
 
 
A    Das Gedächtnis für das traumatische Erlebnis.        
B    Die Art und Weise, wie der Betroffene das Erlebnis und seine Folgen bewertet. Dies betrifft sein Denken über die Welt, sich selbst und seine Zukunft.       
C    Die Tendenz zur Vermeidung und Verleugnung, um die PTBS-Symptome besser in den Griff zu bekommen.     
    
 
A     Das Traumagedächtnis    

Warum erlebt ein PTBS-Patient immer wieder intensive Angstsymptome? Wie entsteht das schmerzhafte, ungewollte Wiedererinnern?
Die erste Frage erscheint zunächst kaum zu beantworten, denn Angst bezieht sich normalerweise auf ein in der Zukunft befürchtetes Ereignis. So kann ich zum Beispiel Angst davor haben, dass ein bellender Hund ohne Leine mich gleich beißen wird. Das traumatische Ereignis, dass zur Entwicklung der PTBS, und der damit einhergehenden Gefühle von Angst und Bedrohung geführt hat, liegt jedoch in der Vergangenheit.
Ein zweiter Widerspruch liegt darin, dass die meisten PTBS-Patienten über plötzlich auftauchende, sehr belastende Erinnerungen von Teilen des Traumas und immer wiederkehrenden Alpträumen berichten, gleichzeitig viele Betroffene jedoch nicht in der Lage sind, das Ereignis willentlich in seiner Gesamtheit detailliert zu erinnern.
Die Wurzel dieser vermeintlichen Widersprüche liegt im Traumagedächtnis:
Der Betroffene war durch das traumatische Erlebnis so belastet, dass sein Gehirn die Informationsflut nicht mehr angemessen bewältigen konnte. Das hat dazu geführt, dass das Anlegen des Gedächtnisses für dieses Ereignis und manchmal auch für Ereignisse kurz vorher und kurz nachher, gestört wurde. Man kann sich dieses nicht richtig angelegte Gedächtnis wie einen Schrank vorstellen, in den in großer Eile viele verschiedene Teile (Gefühle, Eindrücke der 5 Sinne, Gedanken) ohne Rücksicht auf deren Reihenfolge hineingeworfen wurden. Die Erinnerungsstücke liegen kreuz und quer in dem Schrank, also dem Gedächtnisabschnitt, der das Ereignis betrifft. Es ist nicht möglich die Tür sicher zu schließen, so dass immer wieder einzelne Erinnerungsbruchstücke herausfallen und ins Bewusstsein kommen. Die herausfallenden Erinnerungsbruchstücke sind "heiß", nämlich verbunden mit sehr unangenehmen Gefühlen und Körpersymptomen.
In den "Gedächtnisschränken" für andere, nicht traumatische Ereignisse sieht es anders aus. Die verschiedenen Erinnerungen liegen nicht drunter und drüber, sondern stehen nach ihrem zeitlichen Ablauf geordnet hintereinander in den Regalen. Die Tür kann ohne Probleme geschlossen werden. Keins der Erinnerungsstücke fällt heraus. Außerdem sind die Erinnerungsstücke "abgekühlt".
 
B     Die Bewertung

des traumatischen Erlebnisses und seiner Folgen    
Wie hat das Erlebnis das Denken des Betroffenen über die Welt oder sich selbst und seine Zukunft verändert?
Neben dem Traumagedächtnis spielen auch verschiedene Bewertungsprozesse bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der PTBS-Symptomatik eine Rolle. Entscheidend ist dabei die Art und Weise, wie ich das traumatische Erlebnis und seine Folgen für mich einordne. Ein Ereignis dieser Tragweite verändert zwangsläufig die Art und Weise wie ich über mich, über die Welt und über meine Zukunft denke. In welche Richtung mein Denken sich verändert hat, kann wiederum entscheiden, ob und wie sehr ich unter PTBS-Symptomen leide:
Zwar häufig verständlich, aber ungünstig, weil sie die PTBS fördern, sind Gedanken wie:
 

  • "Ich bin nirgends sicher"

  • "Die Welt ist einfach unsicher und schlecht"

  • "Ich bin für immer gezeichnet"

  • "Irgendwie bin ich auch selber schuld"

  • "Andere sehen mir an, dass ich ein leichtes Opfer bin"

  • "Ich habe mich als Person zum Schlechten verändert"

  • "Ich bin innerlich tot und werde mich anderen nie wieder nah fühlen"

  • "Ich werde verrückt"

  • "Ich komme nie darüber hinweg"

  • "Ich muss alleine damit zurecht kommen"

  • "Andere denken ich bin zu schwach, um selbst damit klar zu kommen"

  • "Ich kann mich auf niemanden verlassen"

  • "Meine Zukunft ist zerstört"

Die genannten ungünstigen Gedanken sind nur wenige Beispiele für eine Vielzahl von unterschiedlichen, häufig bei PTBS auftretenden Gedanken, die negative Gefühle wie z. B. Wut, Trauer, Angst, Scham, Schuld oder Perspektivlosigkeit hervorrufen und so die Symptome der PTBS wiederum verstärken.
 
C     Versuche des Betroffenen,
die Symptome in den Griff zu bekommen    
Einige der Strategien, um mit den unangenehmen Symptomen besser zurecht zu kommen, erscheinen auf den ersten Blick sinnvoll und nachvollziehbar. Eine ganze Reihe dieser Strategien führt jedoch nicht zum beabsichtigten Erfolg, sondern im Gegenteil, zu einer Verstärkung bzw. Verfestigung der PTBS-Symptome.
Gedanken- und Erinnerungsstopp:
So führt z. B. der bewusste Versuch, Erlebnisse zu vergessen oder Gedanken daran nicht zu denken zu dem paradoxen Effekt, dass gerade diese Erlebnisse bzw. Gedanken immer wieder ins Bewusstsein drängen. Man bekommt den Eindruck, die Kontrolle über seine Gedanken und Gefühle immer mehr zu verlieren oder sogar verrückt zu werden.
Vermeidung:
Nach einer traumatischen Erfahrung hat der Betroffene häufig ein verändertes Gefühl dafür, was sicher ist und was nicht. Es entsteht oft das Gefühl, dass das Leben voller Gefahren ist, und dass man nie weiß wann wieder ein Unglück passiert. Der Betroffene reagiert auf diese Überschätzung der realen Gefahr mit besonderer Vorsicht und vermeidet deswegen viele Situationen, die ihm früher keine Probleme bereitet hätten, z. B. in der Dunkelheit das Haus zu verlassen oder mit dem Auto eine Autobahn zu befahren.
Aber auch starke körperliche Erregung, unangenehme Gefühle und belastendes Wiedererleben können zu Vermeidungsverhalten führen. Die Betroffenen erleben diese Symptome besonders häufig, wenn sie Situationen oder Menschen (z. B. Orte, Personen, Gespräche, bestimmte Kleidungsstücke, Fernsehsendungen, bestimmte Geräusche und andere Umgebungsbedingungen) begegnen, die sie an das traumatische Erlebnis erinnern. Viele versuchen sich vor den Körpersymptomen, Gefühlen und Erinnerungen dadurch zu schützen, dass sie die oben genannten Situationen vermeiden.
Vermeidung ist zwar ein gutes Mittel, um kurzfristig Belastung zu vermindern. Wenn sie funktioniert, reduziert sie unangenehme Gefühle. Langfristig trägt sie jedoch dazu bei, dass die PTBS aufrecht erhalten wird. Denn Vermeidung hindert eine Person daran herauszufinden, dass die Befürchtungen übertrieben sind. Je häufiger Vermeidung stattfindet, desto stärker überzeugt die Person sich davon, dass sie die vermiedenen Situationen wirklich nicht aushalten könnte, was die Angst vor den Situationen und damit die unangenehmen Körpersymptome und Gefühle verstärkt.
Die Rückkehr in den Alltag und die Wiederaufnahme früherer Aktivitäten wird so immer unwahrscheinlicher.


THERAPIE DER POSTTRAUMATISCHEN BELASTUNGSSÖRUNGEN
Auch wenn die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) komplex erscheint und mit zahlreichen sehr unterschiedlichen Symptomen und Folgeproblemen einhergeht: eine erfolgreiche Therapie der PTBS ist heute sehr gut möglich. Die moderne Psychotherapie, insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie hat in zahlreichen Untersuchungen gezeigt, dass es allen Grund gibt, optimistisch zu sein. Mit Hilfe qualifizierter Psychotherapeuten, die in der Behandlung von PTBS spezialisiert sind, kann auch bei schweren und bereits lang andauernden Erkrankungen ein dauerhafter Therapieerfolg erreicht werden.


CHECKLISTE ZUR POSTTRAUMATISCHEN BELASTUNGSSÖRUNGEN
Leide ich unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung?
Eine Checkliste...
Erkennen Sie ein oder mehr Symptome pro Kategorie wieder, die länger als vier Wochen nach dem traumatischen Ereignis bei Ihnen oder einer Person aus Ihrem Umfeld bestehen, so kann eine Posttraumatische Belastungsstörung vermutet werden und sollte genauer untersucht werden.
 
A           
1.    Wiederkehrende und eindringliche Erinnerungen an das traumatische Ereignis       
2.    Belastende Träume von dem Ereignis       
3.    Das Gefühl, das Ereignis gerade im Moment wiederzuerleben; so zu fühlen, als passiere es gerade jetzt       
4.    Starke Belastung in Situationen, die mit dem Trauma in Verbindung stehen oder daran erinnern    
 
B       
1.    Bewusstes Vermeiden von Gedanken, Gefühlen, Gesprächen, die mit dem Trauma in Verbindung stehen       
2.    Bewusstes Vermeiden von Aktivitäten, Orten oder Menschen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen       
3.    Sich nicht an alle Details des Traumas erinnern können       
4.    Sich von Freunden und Familie isolieren und Vermeidung von sozialen Situationen       
5.    Sich "emotional taub" oder losgelöst bzw. entfremdet von anderen fühlen       
6.    Nicht mehr in die Zukunft schauen können. Gefühl von Angst und Unglück bezüglich der Zukunft    
 
C       
1.    Schwierigkeiten einzuschlafen oder durchzuschlafen       
2.    Sich besonders launisch, irritierbar, ärgerlich oder ängstlich fühlen        
3.    Konzentrationsschwierigkeiten    
 
D       
1.    Sich durch Alltagssituationen überwältigt bzw. überfordert fühlen und vermindertes Interesse an täglichen Aufgaben und Beschäftigungen, die man früher gern hatte       
2.    Sich vermehrt auf Alkohol oder Tabletten bzw. Drogen verlassen, um durch den Tag zu kommen       
3.    Sich schuldig fühlen, das Ereignis überlebt zu haben, das Ereignis nicht beeinflusst oder verhindert zu haben    

Wenn Sie jemanden kennen, der kürzlich eine traumatische Erfahrung gemacht hat und oben genannte Symptome zeigt, können Sie versuchen zu helfen. Hören Sie zu, wenn die Person darüber berichtet, was sie erlebt hat, solange es nötig ist, auch wenn der Betroffene sich wiederholt. Ermutigen Sie die Person raus zu gehen, aktiv zu werden und sich nicht zu isolieren.
Sind die Beschwerden chronifiziert, liegen also schon einige Monate vor, sollte der Betroffene professionelle Hilfe suchen.
Die Diagnose der Posttraumatischen Belastungsstörung kann nur von Fachleuten gesichert werden. Scheuen Sie sich also nicht, einen Psychiater oder Psychologen aufzusuchen, und ihm Ihre Beschwerden zu schildern. Die Posttraumatische Belastungsstörung zu erkennen ist der erste Weg zur Gesundung.

Seelische Störungen erkennen

DIE POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG
Die Folgen einer Extrembelastung: eine neue Geißel unserer Zeit?
Ein neuer Begriff verbreitet sich immer öfter in den Medien: posttraumatische Belastungsstörung. Das sind die seelischen, körperlichen und psychosozialen Folgen von Extrembelastungen, die sich nicht nur im Krieg oder bei Geiselnahme, sondern auch immer häufiger im Alltag finden. Um was geht es und vor allem: was kann man als Opfer dagegen tun?
Nichts ist neu, schon gar nicht in der Psychiatrie, der Seelenheilkunde. Auch die Folgen von Extrembelastungen - seien es Krieg, Gewalt im Zivilleben oder Naturkatastrophen - sind seit Menschengedenken bekannt. Eindrucksvolle Schilderungen kennt man schon seit Mitte des 17. Jahrhunderts. Der Begriff der "Schreckneurose", wie man es damals nannte, ist über 100 Jahre alt.
Doch warum kommt man erst jetzt auf dieses Thema zurück, Betroffene hat es schließlich seit jeher gegeben? Das geht vor allem auf die US-amerikanische Forschung bzw. die entsprechenden Kriege in Korea und insbesondere Vietnam zurück. Später erinnerte man sich auch zunehmend an zivile Opfer durch Extrembelastungen, denen die diagnostischen und therapeutischen Erkenntnisse der Militär-Psychiater und -Psychologen natürlich ebenfalls zugute kommen.
Welches sind die häufigsten Extrembelastungen?
Zahlenmäßig am häufigsten sind Krieg, Terrorismus, Vertreibung und Flucht. Aber auch individuelle Gewalteinwirkungen sollten nicht unterschätzt werden: Überfall, Entführung und Geiselnahme, Folterung, sexueller Missbrauch und Vergewaltigung. Und natürlich Verkehrsunfälle im Straßen-, Schiffs- und Bahnverkehr, Nuklear-, Chemie- und Elektrounfälle sowie Naturkatastrophen. Zu Letzteren zählen Brände, Blitzschlag, Dammbrüche oder sonstige Überschwemmungen, Lawinen, Gebirgsunfälle und Erdbeben.
Erdbeben sind übrigens unter den Naturkatastrophen besonders verunsichernd, weil sich das scheinbar festeste und sicherste Element, der Erdboden unter mir, als unverlässlich, ja als lebensbedrohend erweist.
Reagiert jedes Opfer gleich?
Natürlich reagiert nicht jedes Opfer gleich. Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen gibt es Unterschiede in der Art der Belastung. Wichtig ist auch ob überraschend oder halbwegs erwartet. Und schließlich hängt vieles von der Ausgangspersönlichkeit, von Alter, Geschlecht, Dauer und vor allem der Regenerationsmöglichkeit ab. Wer sich zwischen mehreren (Extrem-)Belastungen nicht mehr erholen kann, verschleißt seine seelisch-körperlichen Reserven noch schneller und verschlechtert damit langfristig seine Heilungsaussichten.
Im Übrigen muss es einen nicht einmal selber betreffen, man kann auch als Augenzeuge einer Extrembelastung zum posttraumatischen Opfer werden. Und wer schon mit einer körperlichen oder seelischen Krankheit bzw. einer mittel- bis langfristigen psychosozialen Belastung zu kämpfen hatte, also wiederum über weniger Reserven verfügt als unter normalen Bedingungen, wird jetzt mit beidem zusammen noch schlechter fertig werden: altes Leiden und neue Belastung = schlechtere Heilungsaussichten.

 

 

Welches sind die wichtigsten Krankheitszeichen?
Das Leidensbild der posttraumatischen Belastungsstörung ist nicht nur zermürbend, sondern auch verwirrend vielfältig. Vor allem sieht man es den meisten gar nicht an, sie leiden "nur" innerlich. Viele lassen überhaupt nichts raus, da sie ohnehin nicht erwarten, auf Verständnis zu treffen, besonders langfristig. Es ist wie bei der Trauerreaktion. Ein kurz aufwallendes Mitgefühl der Umgebung, dann aber soll sich der Betroffene wieder rasch zusammennehmen, damit er die anderen nicht unnötig belastet.
Im Allgemeinen kommt es - nachdem die erste Schreck- oder Schockreaktion abgeklungen ist - zu einem Verlust an Lebensfreude, an Interesse, Aktivität, Initiative und Kreativität. Alles scheint wie weggeschmolzen. Dann "beißt" sich regelrecht ein ständiges, fast zwanghaftes Wiedererinnern mit ängstlicher Unruhe, Anspannung und Erregungsbereitschaft fest. Außerdem zermürben Schlafstörungen; und wenn Schlaf sein darf, dann Angstträume.
Manchmal entsteht auch das Gefühl, als ob sich das belastende Ereignis gerade wiederholt, bisweilen nur aufgrund eines belanglosen Auslösers aus der Umgebung oder durch reine Vorstellung. Daraus resultiert dann ein entsprechendes Vermeidungsverhalten mit Rückzug und Isolationsgefahr.
Schließlich droht eine zunehmende Leistungseinschränkung, d.h. man kann seine Aufgaben nur noch mit größter Anstrengung bewältigen.
Das Ende ist von einer eigenartigen Schwermütigkeit geprägt, die allerdings wenig mit einer "klassischen Depression" zu tun hat. Es handelt sich mehr um eine "heimlich anfressende Resignation", eine Art gemütsmäßige Betäubung bis Erstarrung, die der Umgebung eigentlich nur durch schwindende Anteilnahme an der Umwelt auffällt. Dazu drohen Zwangsgedanken, Merk- und Konzentrationsstörungen, ja Vergesslichkeit und zahlreiche psychosomatisch interpretierbare Beschwerden ohne organische Ursache: funktionelle Störungen, Missempfindungen oder gar Schmerzen im Bereich von Kopf, Herz, Kreislauf, Magen-Darm, Wirbelsäule, Gelenken u.a.
Was die Umgebung vor allem mitbekommt ist eine bisher unbekannte Übererregbarkeit im Sinne übersteigerter Wachsamkeit, Anspannung, Nervosität und Schreckhaftigkeit. Und plötzliche Angstattacken, ggf. vielleicht sogar aggressive Durchbrüche - ohne Grund, jedenfalls nicht nach außen nachvollziehbar.
Das leitet einen Teufelskreis ein. Denn wer lässt sich so etwas gefallen, wenn er nicht weiß, auf was es zurückgeht. Und selbst diejenigen, die die Ursache kennen oder ahnen, sehen nicht ein, hier als "stellvertretende Prügelknaben" den Kopf für etwas hinzuhalten, was sie nicht verschuldet haben. Auf jeden Fall weiß niemand mit dieser Situation adäquat umzugehen, auch der Betroffene nicht, der sich selber immer fremder wird.
Was belastet am meisten?
Vom Verlauf her unterscheidet man die kurz- bis mittelfristige posttraumatische Belastungsreaktion und die längerfristige Belastungsstörung, die ein halbes oder ganzes Leben ruinieren kann. Zu den Einflussfaktoren, die die Dauer des Leidens mitbestimmen, gehört auch die Frage: Ist es eine Natur- oder technische Katastrophe, mit der man offenbar besser fertig wird? Oder ist der Auslöser "man made", wie der Fachausdruck heißt, also von Mensch zu Mensch? Letzteres führt besonders nachhaltig zum Verlust des Vertrauens in den Mitmenschen schlechthin - und hat ernste langfristige Folgen.

Was kann man tun?
Die Betreuung oder gar Behandlung einer posttraumatischen Belastungsreaktion bzw. -störung ist eine schwere Bürde, viel schwieriger, als sich die meisten vorstellen, selbst wenn sie (anfangs) guten Willens sind. Vor allem braucht es Geduld und Verständnis, und zwar über längere Zeit. Die Entscheidung trifft der Betroffene, und nicht einmal er selber, sondern sein Zustand, dem er ja hilflos ausgeliefert ist.
Zu den scheinbar banalen, aber sinnvollen Selbst-Behandlungsempfehlungen gehört besonders die Bewegung in jeder Form, also nicht nur "gegen-gehen-gehen", sondern auch "reden-reden-reden". Das kann den gefürchteten inneren Stau (psychomotorische Blockierung) abbauen helfen.
Körperliche Bewegung ist jederzeit machbar, wenngleich viel zu wenig praktiziert. Das Reden hingegen wird einem manchmal schwer gemacht. Denn wenn es sich um das immer gleiche Problem dreht und von immer gleichen Symptomen angeheizt wird, hört am Schluss niemand mehr hin.
In einem solchen Falle rede man halblaut mit sich selber, das ist immer noch besser, als alles in sich hineinzufressen. Mit diesen beiden Maßnahmen kommt die Mehrzahl der Betroffenen halbwegs hin.
In schwereren Fällen bedarf es aber einer stützenden psychotherapeutischen Behandlung, zu der notfalls auch Medikamente kommen dürfen, vor allem gegen Schlafstörungen, innere Unruhe, Schreckreaktionen und Depressionen. Aber auch hier muss der Therapeut oft stellvertretend aushalten, was das Opfer in seiner Verzweiflung als "beispiellose Ungerechtigkeit" beklagt: Warum gerade ich? Das ist nicht einfach, das braucht Erfahrung und Nerven.
Nehmen posttraumatische Belastungsstörungen zu? In Kriegs- und Krisenzeiten nehmen posttraumatische Belastungsstörungen natürlich zu, mitunter explosionsartig. Sie werden aber in der Regel kaum beachtet, weil die Zahl der Betroffenen zu groß und die der Helfer und Therapeuten zu klein ist. In solchen Fällen geschieht nur die notwendigste Versorgung, auch im seelischen Bereich. Auch pflegt das "kollektive Elend" einen gewissen Trost zu vermitteln, geht es doch vielen ähnlich.
In Friedenszeiten sind posttraumatische Belastungsreaktionen zwar seltener, gewinnen aber durch Einzelfälle mitunter an erheblicher Beachtung, etwa durch Geiselnahme. Das mag ungerecht erscheinen, wenn man an die vielen unbeachteten Opfer denkt, denen es genauso schlecht ging und geht, hat aber auch einen Vorteil: Die Gesellschaft wird auf dieses Phänomen aufmerksam.
So kann sich auch der gutwillige Nicht-Betroffene besser informieren und ggf. eine größere Hilfe sein, als wenn er sich plötzlich mit einem solchen Opfer konfrontiert sieht, dass durch die allgemeine Verständnislosigkeit noch mehr zu leiden hat. Wichtig sind also entsprechende Grundkenntnisse, der Wille zur Hilfe, Nachsicht und Geduld - und vor allem die Kraft-Reserven, so etwas auch ggf. mittelfristig durchstehen können.
Deshalb kann es übrigens auch für den Therapeuten nützlich sein, einen Teil seiner Hilfe jenen Angehörigen, Freunden oder gar Mitarbeitern zukommen zu lassen, die das Opfer privat, gleichsam Tag und Nacht ertragen und stützen müssen. Denn auf Dauer ist es nicht nur der Betroffene selber, sondern auch sein näheres Umfeld, das für eine solche Extrem-Belastung oft länger als befürchtet zu "zahlen" hat. Daraus resultieren dann im unglücklichsten Falle weitere "Schicksalsschläge", nämlich eine labile seelische oder gar körperliche Gesundheit, eine bedrohte Partnerschaft sowie berufliche Einbußen oder gar Misserfolge.
Man muss also bei den posttraumatischen Belastungsstörungen einen langen Atem haben und weit in die Zukunft denken. Das ist zwar nicht bei jedem Opfer gleich, doch gilt auch hier: Auf die Stillen oder still Gewordenen achten!       
Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise.